Grüne Medieninitiative: neue Filmförderpolitik für Berlin

Berlin als Vorreiter einer neuen Filmförderpolitik

Grüne Medieninitiative – Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Berlin

Berlin gehört zu den wichtigsten Film- und Fernsehmetropolen der Welt. Die prognostizierten Wachstums- und Wertschöpfungssteigerungen für audiovisuellen Content sind enorm. Für Berlin ergeben sich hieraus hervorragende Chancen. Ein bedeutender Anteil der Wertschöpfung kann hier vor Ort generiert werden. Trotzdem ist der Umsatz der klassischen Berliner Filmwirtschaft in den letzten zehn Jahren leicht gesunken. Trotz hoher Gesamtumsätze der Filmbranche leben Berliner Filmschaffende überwiegend prekär und haben oft kaum Möglichkeiten, eigenes Vermögen zur Alterssicherung aufzubauen. Das wollen wir ändern. Die Strukturen des hiesigen Film- und Fernsehmarktes und auch der Filmförderung müssen mit den rasanten technischen und gesellschaftlichen Veränderungen mithalten. Darum wollen wir neue Zugänge zur Filmförderung schaffen, um den geänderten Produktionsweisen und Vertriebsmöglichkeiten gerecht werden zu können.

Ziele & Schwerpunkte

  • Prävention von Altersarmut:

Förderung und Unterstützung von Vermögensaufbau zur Alterssicherung: Wir wollen geeignete, unabhängige Verwertungszusammenschlüsse von Kreativen attraktiver machen, etwa in Form von genossenschaftlich organisierten Verwertungspools.

  • Kreativität stärken: unabhängige Filmhochschule

Die Filmhochschule soll unabhängiger werden. Die Besetzung der Gremien muss diese Unabhängigkeit widerspiegeln; transparent und öffentlich ausgeschrieben, unter direkter Beteiligung der StudentInnen.

  • Neues Förderinstrument: Free Art

Wir wollen eine zusätzliche, juryunabhängige Projektmittelvergabe im Losverfahren – nach verwaltungstechnischer Prüfung der Plausibilität und mit Nachweis eigener Verwertungsabsicht.

Erläuterungen: Alterssicherung durch Prävention von Altersarmut/ Unterstützung von Vermögensaufbau

Berliner Filmschaffende bewältigen ihren Alltag überwiegend in prekären finanziellen Verhältnissen und obwohl sie mit ihrer Arbeit ein über Jahrzehnte verwertbares Produkt schaffen, verfügen sie über wenige bis gar keine Möglichkeiten eines eigenen, langfristigen Vermögensaufbaus für das Alter. Stattdessen sehen sich viele gezwungen, die Rechte ihrer kreativen Leistung, und die damit einhergehenden langfristigen Wertschöpfungsmöglichkeiten, an analoge und digitale Vertriebsplattformen zu übertragen, um wenigstens heute von ihrer Arbeit leben zu können. Dabei beliefern gerade Berliner Filmschaffende einen stetig wachsenden, internationalen Markt, dessen Wertschöpfungspotential aber überwiegend durch Dritte monetarisiert wird. Diesem unhaltbaren Zustand wollen wir mit neuen Förderinstrumenten etwas entgegensetzen, u.a. einem genossenschaftlich organisiertem Verwertungspool, mit dem Ziel des Vermögensaufbaus für Filmschaffende – und damit verbunden, der Attraktivitätssteigerung eigener, langfristiger Verwertungsabsichten.

a. Der genossenschaftlich organisierte Verwertungspool

Für den Aufbau langfristiger Verwertung haben sich genossenschaftliche Modelle bewährt. Wir wollen den Zusammenschluss von Filmschaffenden und Kreativen in Form solcher Modelle fördern und unterstützen. Dazu erklären wir genossenschaftliche Zusammenschlüsse zunächst generell für förderfähig (zum Teil ist das heute nicht der Fall), aber weitergehend auch als besonders förderungswürdig. Gerade im Bereich der Filmförderung ist aufgrund des gewaltigen Umbruchs der Produktionstechniken und der neuen digitalen Vertriebswege mit besonders schnellen, positiven Effekten im Falle eines genossenschaftlichen Vermögensaufbaus zu rechnen.

  • Förderung von (Modell-) Projekten genossenschaftlich organisierter Verwertungspools
  • Förderung gemeinsamer Produktionsstrukturen und von gemeinsamem Immobilienerwerb, bzw. Immobliensanierung, als weiteren Grundsteinen gemeinschaftlichen Vermögens

b. Keine Zweckentfremdung von Filmfördermitteln durch Drittplattformen

  • Wir wollen die Wertschöpfung bei den geförderten Filmschaffenden halten. Mittels entsprechender Fördervorgaben soll vermieden werden, dass Dritte stärker als die Filmschaffenden selbst von der Förderung profitieren.
  • FördergeberInnen haben die eigene Verwertungsabsicht der Produzentinnen zu prüfen. (Diese sollte langfristig sein und ggf. auch zunächst nicht-monetär.)

c. Kontrolle der Einhaltung von Honoraruntergrenzen sowie der Arbeitsbedingungen bei geförderten Filmen

Tarifliche Entlohnung als Honoraruntergrenze und die Einhaltung arbeitsrechtlicher oder tarifrechtlicher Arbeitsbedingungen sowie ökologischer Standards sind verbindliche Vorgaben der Förderrichtlinien des Medienboards Berlin / Brandenburg. Durch fehlende Kontrolle wird dies von FördernehmerInnen aber nur unzureichend umgesetzt. Das Medienboard soll dies zukünftig kontrollieren, mit einer einfachen Nachweispflicht der Geförderten und einer Anlaufstelle beim Medienboard zur Meldung von Verstößen. Bei Verstößen gegen die Richtlinien sind Fördergelder zeitnah zurückzuzahlen, ebenso kann bei schweren oder wiederholten Verstößen die Förderfähigkeit von Produzenten generell aberkannt werden.

Erläuterungen: Free Film; Projektmittelvergabe im Losverfahren

Das Instrument soll zunächst als zweijähriger Versuch mit begrenztem Fördervolumen und anschließender Evaluation eingeführt werden und soll Formaten, die in konventionellen Vergabe- und Juryverfahren aus dem Raster herausfallen, bessere Chancen auf Förderung ermöglichen. Experimentelle, künstlerische, intermediäre und neue, innovative Formate ohne direkten „Vergabebezug“ haben aktuell geringe Chancen auf Förderung. Dadurch geht der künstlerische und kreative Input verloren, den wir uns durch unsere Filmförderung von den Künstlerinnen und Künstlern erhoffen und der letztlich den gesellschaftlichen Mehrwert erst bildet, welcher die Verwendung von öffentlichen Geldern rechtfertigt. Außerdem wollen wir, dass ein möglichst hoher Anteil der Fördersummen tatsächlich direkt den Filmschaffenden eigenverantwortlich zur Verfügung steht, statt in Verwaltungsstrukturen zu versickern – und auch so zur langfristigen Wertschöpfung durch die Filmschaffenden beiträgt. Wir wollen den Verwaltungskostenanteil in der Filmförderung spürbar senken.

  • Die Förderzusagen erfolgen nach einer einfachen Plausibilitätsprüfung: Die Antragstellung erfolgt über ein einfaches Formblatt und unter Beistellung eines langfristigen Verwertungs-/ Realisierungsplanes. Geprüft werden nur die Plausibilität der Einreichung und die eigene langfristige Verwertungsabsicht. Inhalt und möglicher finanzieller Erfolg der Projekte spielen für eine Förderzusage keine Rolle.
  • Die Förderbescheide werden dann im Losverfahren vergeben.

Das Positionspapier als PDF: gruenemedieninitiative_filmfoerderung_20160906

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