Anfrage: Fördermittelvergabe durch das Medienboard

Schriftliche Anfrage DS 18/22147: Fördermittelvergabe durch das Medienboard

Vorbemerkung der Senatskanzlei:

Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die die Senatskanzlei nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Daher wurde die Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH um eine Stellungnahme gebeten.


1. Wie ist nach Kenntnis des Senats der Stand bei der im Koalitionsvertrag 2016 angekündigten Einführung verpflichtender sozialverträglicher und ökologischer Standards bei der Fördermittelvergabe durch das Medienboard?

Zu 1. führt das Medienboard aus:

„Bundesweit entwickeln die Förderinstitutionen Film-und Medien gemeinsame Regelungen zur sozialverträglichen Beschäftigung und der nachhaltigen Produktionsweise. Nach Vorschrift des Filmförderungsgesetzes (s. hierzu Fragebogen der Filmförderungsanstalt vom Januar 2020) muss der Antragsteller erklären, ob und wie die sozialen Standards, insbesondere entsprechend Tarifverträgen eingehalten werden. Das Medienboard übernimmt diese Regelung, d.h. ab der nächsten Antragsdeadline im Februar 2020 sind die Antragsteller verpflichtet, eine entsprechende Erklärung abzugeben. Die Beteiligung von Frauen an einem Filmprojekt fließt in die Evaluierung ein und spielt bei Förderentscheidungen eine nicht unwesentliche Rolle, denn im Sinne der positiven Diskriminierung gilt beim Medienboard der Grundsatz: Bei gleicher Qualität der Projekte werden Projekte mit maßgeblicher Beteiligung von Frauen bevorzugt. Insbesondere erfreulich ist, dass in den letzten Jahren mehr Frauen Filme mit größeren Budgets realisieren konnten, wie z.B. Caroline Link „Der Junge muss an die frische Luft“, Hermine Huntgeburth „Lindenberg –Mach dein Ding!“, „Sweethearts“ von Karoline Herfurth oder im Nachwuchsbereich Nora Fingscheidt mit „Systemsprenger“. Das Medienboard hat als erste Förderung die Zusatzkosten für Kinderbetreuung etc. von Regisseur/innen als Herstellungskosten anerkannt, um es mehr Frauen zu ermöglichen, auch als Mutter Regie zu führen. Medienboard unterstützt die Arbeit von Themis und anderer Organisationen, die sich für faire Bedingungen am Film-Arbeitsplatz engagieren. Darüber hinaus unterstützt das Medienboard Maßnahmen wie z.B. das Mentoring Hochschulprojekt „Into The Wild“, das Frauen aus dem Nachwuchsbereich bei der Vernetzung mit erfahrenen Branchenteilnehmerinnen aus allen Bereichen wie z.B. Casting, Agent/innen und Redakteur/innen unterstützt. Das Medienboard unterstützt die regionale Branche in der Adaption nachhaltiger Produktionsmethoden und erkennt die hierdurch entstehenden Kosten in den Projektkalkulationen an (siehe nachfolgende Punkte).“


2. Wenn für beide Bereiche bereits Standards definiert bzw. eingeführt wurden, wiesehen sie im Detail aus?

Zu 2. führt das Medienboard aus:

„S. Antwort zu 1. Die Standardisierung der Anforderungen zur nachhaltigen Filmproduktion war bisher auf Länderebene angesiedelt, hier vor allem durch die Initiative „Grüner Drehpass“. Die Initiative hat ihre Arbeitsergebnisse im Dezember 2019 an das BKM übergeben, die vor einer Veröffentlichung diese erneut überarbeiten will. Es ist vorgesehen, für den „Grünen Drehpass national“ verpflichtende ökologische Standards für Filmproduktionen zu entwickeln und diese zur Voraussetzung für die Vergabe von Fördermitteln zu machen. Das Medienboard wird diese Regelungen übernehmen. Der Start des „Grünen Drehpasses national“ ist für Ende 2020 geplant. Ab Februar 2020 gilt bis zur Verabschiedung einer national einheitlichen Regelung die Selbstverpflichtung des Produzentenverbandes als verpflichtend.“


3. Inwiefern wurde bzw. wird bei dem Bereich Sozialverträglichkeit auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit berücksichtigt?

Zu 3. führt das Medienboard aus:

„Das Medienboard verfährt in seinen Förderentscheidungen nach der Devise, bei gleicher Qualität das Projekt mit Regisseurin und / oder Frauen in Schlüsselposition zu bevorzugen. Zudem setzt sich das Medienboard gegen sexuelle Belästigung und Diskriminierungein. Kosten für Harassment-Beauftragte (Vertrauenspersonen, denen Übergriffe gemeldet werden) können seit Anfang 2018 als Herstellungskosten anerkannt werden und sind somit förderfähig. Außerdem können Kinderbetreuungskosten am Set gefördert werden. Filmschaffenden Eltern soll auf diese Weise die Möglichkeit gegeben werden, Dreharbeiten und Kinderbetreuung zu vereinbaren.

Hierzu folgende Zahlen des Medienboards:

  • 37% aller Anträge auf Produktionsförderung 2019 waren Projekte von Regisseurinnen.
  • 30% aller Projekte und damit fast die Hälfte aller beantragten Frauen-Projekte wurden zugesagt.
  • Seit 2014 hat sich die Zahl der vom Medienboard-geförderten Frauen-Projekte mit über 3 Mio. Euro Gesamtbudget verdoppelt –von 6 abendfüllenden Filmen auf 12 Filme 2018.
  • Immer mehr Filmemacherinnen inszenieren hoch budgetierte Langfilme: Von den insgesamt 69 im Jahr 2018 beantragten Projekten mit Budget über 3 Mio. Euro stammten 21 von Frauen, so viele eingereichte Frauen-Projekte wie noch nie.
  • Bei den Zusagen Entwicklungsförderung Langfilm ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern fast ausgeglichen (Frauen 45%, Männer 55%).

Aktuell entwickelt das Medienboard Leitlinien zu Diversity Standards in Anlehnung an die Praxis des BFI British Film Institute, die noch in 2020 Bestandteil der Förderrichtlinien werden sollen.“


4. Falls noch keine Vorgaben zur Einhaltung ökologischer und sozialverträglicher Standards festgelegt wurden, wann ist nach Kenntnis des Senats mit der Einführung zu rechnen und wer ist für ihre Definition zuständig?

Zu 4. führt das Medienboard aus:

„Trifft nicht zu, siehe Stellungnahmen zu Fragen 1 –3, 5 –8.“


5. Für welche Bereiche (Film, Games, TV etc.) sollen diese Standards nach Kenntnis des Senats gelten und inwiefern ist eine Erweiterung auf alleFörderbereiche geplant, falls zunächst nur einzelne einbezogen wurden bzw. werden?

Zu 5. führt das Medienboard aus:

„Die Regelungen zu sozialen Standards, Geschlechtergerechtigkeit und nachhaltiger Produktionsweise gelten zunächst vor allem für die Film-, Serien-und TV-Förderung. Parallel prüft das Medienboard die Anwendbarkeit und nachfolgende Adaption der Regelungen auch für den Bereich New-Media.“


6. Welche Zahlen liegen dem Senat zur Anerkennung der Kosten für einen Green Runnerbei vergangenen und aktuellen Produktionen durch das Medienboard vor?

Zu 6. führt das Medienboard aus:

„Die Kosten der Green Consultants (i.d.R. bis zu 5.000 EUR, bei Serien entsprechend höhere Beträge) und andere Kosten nachhaltigen Produzierens werden vom Medienboard anerkannt. Immer mehr Firmen wie z.B. Zieglerfilm, UFA, Studio Babelsberg oder Wiedemann & Berg setzen ihre Produktionen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten um. Dazu zählen Produktionen wie DARK und KINDER VOM BAHNHOF ZOO, aber auch Auftragsproduktionen für die ARD oder auch SKY haben sich verpflichtet, grün zu arbeiten –so wie die mit Medienboard Beteiligung entstandene Serie HAUSEN (SKY).“


7. Welche konkreten Aufgaben und Funktionen hat nach Kenntnis des Senats ein Green Runner?

Zu 7. führt das Medienboard aus:

„Ein/e Green Runner/in, Green Consultant oder auch Nachhaltigkeitsbeauftragte/runterstützt Produktionsfirmen bei der Planung und Umsetzung nachhaltiger Produktionsprozesse und der Auswahl von Dienstleistern für die Umsetzung. Green Runner handeln im Auftrag der Produzent/in, informieren das Team über Nachhaltigkeitsgrundsätze und dieZiele der Produzent/innen und überwachen deren Einhaltung. Ihr/Sein Auftrag lautet, den CO2-Ausstoß und Verbrauch durch die Produktion zu vermindern, d.h. vor allem Treibhausgase, Feinstaub, Müll und andere Formen der Ressourcenverschwendung zu vermeiden.Schließlich sollen Green Runner alle Verbräuche einer Produktion in einem CO2-Rechner erfassen, um die erbrachten Leistungen zur CO2-Einsparung und die zu leistenden Kompensationszahlungen zu evaluieren. In enger Zusammenarbeit mit den Heads of Departmentsuchen Green Runner Wege für nachhaltiges Handeln und sprechen konkrete Handlungsempfehlungen aus bzw. setzen diese um.

Dabei geht es u.a. um folgende konkrete Maßnahmen:

  • Grünes Produktionsbüro: geringerer Papierverbrauch, Nutzen von recycelten Materialien, Stromsparen, Mülltrennung
  • Grünes Set: nachhaltiges Catering (persönliche Trinkflaschen, Geschirr, Teilzeit-vegetarisches Catering, Verwendung regionaler und saisonaler Produkte), Mülltrennung, Verzicht auf Plastik
  • Fahrlogistik: Fahrgemeinschaften, Bahnfahrten, Fahrrad oder Carsharing, Verzicht auf Flüge, Nutzung umweltschonender Fahrzeugen (gilt für Team und kreativen Cast)
  • Generell: Prüfung der Dienstleister auf umweltbewusstes Handeln, Hinterfragen aller Materialien auf Wiederverwertbarkeit“

8. Welche Erfahrungen und Ergebnisse wurden mit dem Green Runner in Bezug auf das Ziel der Nachhaltigkeit erzielt?

Zu 8. führt das Medienboard aus:

„Über die Notwendigkeit nachhaltiger Produktion herrscht in der Branche Einigkeit und auch die Ausbildung und Einbeziehung von Green Consultants wird schrittweise zum Konsens. Die freiwillige Selbstverpflichtung zur nachhaltigen Filmproduktion durch viele Mitglieder des Produzentenverbands im Jahr 2019 war dabei ein wichtiges Zeichen für die Branche in der Region. Aber auch die Grünen Leitlinien von Sky und anderen Auftraggebern waren und sind ein starkes Signal. So ist deutlich zu beobachten, dass Produktionen schrittweise “grüner” werden. So findet man beispielsweise kein Pappgeschirr und Plastikbesteck mehr beim Catering. Es wird in der Regel auch vegetarisches und veganes Catering angeboten und Produktionen versuchen weniger zu reisen.

Das Medienboard unterstützt die Professionalisierung der Branche durch Workshops und Veranstaltungen:

  • Die Film Commission Berlin Brandenburg lädt einmal im Jahr kostenfrei zur Informationsveranstaltung „Bevor die grüne Klappe fällt“.
  • Vom 10.-14. Februar 2020 veranstaltet das Medienboard / Film Commission ein Grundlagenseminar „Green Consultant“ für 25 Teilnehmer.
  • Auf der Website www.bbfc.de finden Filmschaffende umfangreiche Informationen zur Umsetzung von nachhaltigen Maßnahmen und Kontakte zu Dienstleistern, die besonders nachhaltige Leistungen anbieten.

Insbesondere die Medienboard-Initiative des Kompaktseminars “Green Consultant” mit dem in Nachhaltigkeitsfragen sehr kompetenten Philip Gassmann ist eine wichtige Initiative, die Praxiswissen und die notwendige Standardisierung der Green Runners verbindet. Die Teilnehmer/innen bringen jeweils eigene Projekte / Produktionen mit ins Seminar und lernen so, alle Gewerke und Bereiche einer Produktion auf “grün” zu stellen. Das 5-tägige Seminar vermittelt fundiertes Basiswissen für den nachhaltigen Produktionsalltag, damit die Teilnehmer/innen danach als “Green Consultant” die Film-und TV-Produktionen nachhaltiger machen.“


Berlin, den 30. Januar 2020

Der Regierende Bürgermeister – In Vertretung Christian Gaebler, Chef der Senatskanzlei


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