Rede in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses zu Drucksache 18/3302 am 28.01.2021
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und
Kollegen!
Freiheit ist unser höchstes Gut. Freiheit steht für Unabhängigkeit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit. Was für eine gesellschaftliche Errungenschaft ist es da, dass unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk Arbeitgeber für 1 500 freie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist. Hier lässt sich sehr gut erkennen, wie weit sich unsere Gesellschaft von den Diktaturen des letzten Jahrhunderts entfernt hat und wie wichtig und grundlegend uns die Freiheit der Journalistinnen und Journalisten ist.
Freie Mitarbeiter beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, das ist sehr nah am Idealbild einer freien Presse, staatsfern, keinem Konzern verpflichtet, unabhängig und frei. Es ist eine Win-win-win-Situation. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben die Freiheit, die sie wollen, der RBB hat die nötige Flexibilität, um ein vielfältiges Programm zu gestalten, und wir Zuschauer und Zuschauerinnen bekommen objektive Informationen, spannende Reportagen, spektakuläre Bilder und brandaktuelle News.
Vor fast 40 Jahren, 1982, hat das Verfassungsgericht geurteilt, und ich zitiere aus dem Urteil mit Erlaubnis der Präsidentin:
Die Rundfunkanstalten sehen in dem Institut der freien Mitarbeit eine Grundvoraussetzung der Bewältigung ihrer Aufgaben, Programmvielfalt und umfassende Informationen zu bieten und die Programme zugleich auf möglichst hohem Niveau zu halten. Die Heranziehung freier Mitarbeiter ermögliche es, in den Rundfunksendungen ein wesentlich größeres Feld politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Lebens, des Sports oder der Unterhaltung darzustellen, als ein gleichbleibender und fester Stamm von Mitarbeitern dies vermöchte. Sie ermögliche es ferner, wechselnden Bedürfnissen gerecht zu werden. Sie biete den Anstalten zugleich die Chance auf ein größeres Potenzial an Phantasie, Einfallsreichtum, Fachkunde und Fähigkeiten zurückzugreifen und damit qualitativ bessere Programme anzubieten. Wird davon ausgegangen, dann setzt dies ein nicht unerhebliches Maß an Flexibilität
und Fluktuation im Personalbereich voraus. Die Anstalten können sich nicht auf Dauer an jeden Mitarbeiter binden.
Es ist doch erstaunlich, wie aktuell das heute noch ist.
Dennoch, es gibt auch noch genug Herausforderungen. Nichts ist so gut, als dass es nicht verbessert werden könnte. In den Medien haben sich in den letzten Jahrzehnten fast alle Paradigmen verändert. Gerade wenn ich mich nicht fest binden will, sind eine gute soziale Absicherung, angemessene Honorierung, Equal Pay, also gleicher Lohn für gleiche Arbeit und last but not least die faire Beteiligung an den Erlösen der eigenen Arbeit schwer durchzusetzen. In Zeiten von globalen Plattformen, Podcasts und Streaming von Aggregatoren, Payper-View und Video-on-Demand und Clubhouse, kann es sich keine einzelne freie Mitarbeiterin oder kein einzelner freier Mitarbeiter mehr leisten, Ansprüche und Interessen gegenüber multinationalen Konzernen und auch nicht gegenüber einzelnen Sendern allein durchzukämpfen.
Auch wenn sich unser Sender, der RBB, sichtbar Mühe gibt, die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut zu behandeln, gut zu bezahlen und gut abzusichern, ist es doch ein entscheidender Unterschied, ob sie vom Personalrat mitvertreten werden oder nicht. Es geht hier nicht um die dringend notwendige Anerkennung der herausragenden Leistungen der Freien, es geht um Gerechtigkeit. Es muss einfach selbstverständlich sein, dass Kolleginnen und Kollegen für die gleiche Arbeit gleich bezahlt werden, egal ob sie frei oder fest angestellt sind.
Kollege Goiny hat den Rundfunkrat erwähnt. Nur ein Beispiel von vielen: Die 1 500 freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht im Rundfunkrat vertreten. Die festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben zwei beratende Stimmen dort. Ich will nicht noch einmal wiederholen, was meine Vorredner und Vorrednerinnen alles aufgezählt haben, aber ich möchte noch einmal ausdrücklich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonen, dass wir es ernst gemeint haben, als wir uns im Koalitionsvertrag darauf verpflichtet haben, die Situation der Freien zu evaluieren und, wenn nötig, soweit wie möglich zu verbessern.
Und im Gegensatz zu den querdenkenden Anhängern alternativer Fakten, Hatespeech und Hetze, schätzen wir die Arbeit der freien Presse. Wir werden uns auch in Zukunft für bestmögliche Arbeitsbedingungen und die maximale Unabhängigkeit der Medienschaffenden einsetzen. Und nehmen Sie uns beim Wort: Wann immer es nötig ist, beschützen wir auch ihre Freiheit. – Vielen Dank!
Auszug aus Plenarprotokoll 18/71, S. 8476 f.
- Plenarprotokoll: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/PlenarPr/p18-071-wp.pdf
- DS 18/3302: https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-3302.pdf
Die Rede als Video bei rbb Im Parlament:
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